Freitag, 28. Januar 2011

Vom Winde verweht

Zwei Wochen sind vergangen seit unserem letzten Eintrag zu unserem "Gipfelsturm" bei El Bolsón. Zwei Wochen, in denen wir wieder viel erlebt haben. Ja, wie eigentlich immer im letzten halben Jahr.

Nach El Bolsón fuhren wir nach Esquel - der Ausgangspunkt zum Nationalpark Los Alerces. Das Wetter spielte fuer einmal nicht ganz mit und so entschlossen wir uns fuer eine "abgespeckte" 2-Tagestour mit einer Zelt-Uebernachtung beim abgelegenen Lago Kruegger. Inmitten der maechtigen Baeume, die bei staerkerem Wind knarrten wie alte Holztueren. Die 7 Stunden Rueckweg nach Villa Futalaufquén (unser Lieblingszungenbrecher) ging recht in die Knochen, obwohl wir ja unterdessen recht wanderfit sind (aber z.T. auch nicht mehr 30 ;-)).

Die erste Nachtbusfahrt seit langem fuehrte uns nach Perito Moreno. Auf dem Weg zum Hostal bekamen wir erstmals den patagonischen Wind zu spueren: Unsere grossen Rucksaecke wirkten wie Segel und so marschierten wir wie Marionetten taumelnd durch das Staedtchen. Doch das sollte nur ein Vorgeschmack sein, wie sich spaeter zeigte...

Anderntags warteten 12 Stunden Busfahrt auf uns. Nach El Chaltén, ueber die groesstenteils schottrige Ruta 40. Dort angekommen, begruesste uns der patagonische Wind erneut mit Peitschenschlaegen (aber wir haben's ja gerne hart ;-)). Prompt gerieten wir in eine Schlechtwetterphase. Wir hatten die Wahl zwischen "abwarten und Tee trinken" und "losziehen und weggeblasen werden". Notgedrungen entschieden wir uns fuer ein eintaegiges Teekraenzken. Wir in der Waerme, waehrend draussen der Regen QUER flog. Die wenigen Leute auf der Strasse liefen entweder stark vorgeneigt gegen den Wind oder rannten halbwegs vom Wind gestossen. Herrliche Bilder.

Doch am letzten Sonntag war's dann soweit: Wir machten uns auf zu Cerro Fitz Roy (3'406 m), Cerro Torre (3'133 m) und Co.. Jene Granitwaende, die oft als schoenste Berge der Welt bezeichnet werden und die zu den weltweit groessten Herausforderungen fuer Kletterer gehoeren. Wegen des Wetters, das oft im Minutentakt wechselt und wegen der "technischen" Schwierigkeit, die sie abverlangen. Am Montagmorgen huepften wir kurz nach 5 Uhr aus dem Zelt, der Himmel war klar und die Sicht auf die Berge praechtig. Nach dem Zmittag auf dem Campingplatz machten wir noch den Abstecher zum Gletscher "Piedra Blanca". Wieder mal waren wir mausbeinallein. Einfach nur schoen.

Das naechste Naturschauspiel wartete bei El Calafate auf uns: Der Perito Moreno Gletscher. Mit dem Mietauto fuhren wir kurz nach 7 Uhr los. Und wer die letzten Eintraege hier gelesen hat, weiss: Frueh aufstehen lohnt sich in Suedamerika. Also waren SF rund 2 Stunden vor den Touristenscharen beim Gletscher. Unglaublich, das Ding: Rund 60 m hoch, 5 km breit und 30 km lang. Fast im Minutentakt kalbt er. Und zu spueren, wie der natuerliche Kuehlschrank wirkt, war beeindruckend. Da kommt nicht mal der Aletschgletscher ran. Am fruehen Nachmittag fuhren und liefen wir zu einem inoffiziellen Aussichtspunkt (merci fuer den Tipp, Corinne ;-)). Erneut: SF mausbeinallein mit Blick auf das Ungetuem. Grossartig!

Jetzt sind wir in Puerto Natales und damit wieder in Chile. Die Ankunft hier war irgendwie wie heimkommen: Wir verstehen die Leute wieder besser, wissen, welche Joghurts und Schoggi wir in den Lebensmittellaeden antreffen werden... S'ist ja doch schon das dritte Mal, dass wir in Chile sind. ;-)

Wenn alles nach Plan laeuft, ziehen wir am Dienstag fuer 5 Tage in den Nationalpark Torres del Paine. Diesmal nicht alleine, sondern zusammen mit Chegu und Betty. Schweizer Treffen auf der andern Seite der Kugel. Wir freuen uns.

Bilder aus dem Nationalpark "Los Alerces"



Oben: Luxusznacht im Refugio Lago Kruegger, obwohl nur mit Boot oder zu Fuss erreichbar

Nationalpark "Los Glaciares"

Oben: Aussicht auf der Fahrt ueber die Ruta 40
Unten: Laguna Capri mit Cerro Fitz Roy + Co. im Hintergrund

Oben: Glaciar Piedra Blanca
Unten: Fitz Roy + Co. im Morgenlicht 

Oben: Das gigantische Hinterland von El Chaltén
Unten: Der Cerro Torre frisch verschneit 


Glaciar Perito Moreno





Dienstag, 18. Januar 2011

###Eilmeldung: Lehrling schlägt Lehrmeisterin###

Es hat sich ergeben, dass ich (el Sidel), meine Lehrmeisterin im Jassen geschlagen habe! Jawohl. Jassvariante zu zweit versteht sich. Mit mehreren hundert Punkten Vorsprung.

Das musste jetzt einfach gesagt sein. Ohne Wenn und Aber. Gratulationen und Schenkungen bitte an die gewohnte Postadresse oder direkt aufs Konto...

Das Erfolgsrezept: Beim Jassen a****-bitteren Mate-Tee auf traditionelle, argentinische Weise trinken. Das schuettelt durch, macht hyperaktiv und damit extrem konzentriert.

Samstag, 15. Januar 2011

Mausbeinallein - schöner könnt's nicht sein

Wir zwei machen uns einmal mehr auf, die Berge waehrend einer 4-Tages-Wandertour zu erkunden. Diesmal in der Naehe von El Bolsón. El Bolsón ist ein verschlafenes Hippie-Staedtchen, das am Rande der Bergkette liegt.

Auf unserem Weg hat es zwar mehrere Refugios (Berghuetten) um zu uebernachten, aber da die Massenlager dort nicht immer ganz unserer Vorstellung von Ordnung und Sauberkeit entsprechen, ziehen wir es vor, diesmal das Zelt mitzunehmen. Bei den meisten Refugios kann man naemlich zelten und die WCs und Kueche dort benutzen. Oft sind diese Refugios an total schoenen Lagen, an Bergfluessen oder –seelein, umgeben von grossen Felswaenden, Waeldern und Bergwiesen. Traumhaft!

Am zweiten Tag wollen wir den Berg 'Barda Negra' (2'150 m) erklimmen. Der erste Teil bis zu einem Gletscherseeli ist gut markiert (bis dahin kommen auch die Turnschuhtouristen ;-)). Das erste groessere Hindernis - der Gletscherbach - ist dank Silvans Liebe zum Steinbruecken bauen relativ schnell ueberwunden. Dann gibt’s leider nur noch zwei Markierungen und die Wegbeschreibung aus einem Trekkingbuch hilft uns auch nicht weiter. So suchen wir uns - bewaffnet mit unseren Bambuswanderstoecken - den Weg ueber Fels, Stein und kleine Schneefelder selber. Unsere 'Technik' immer an der einfachsten Stelle durch, zahlt sich aus und schon bald stehen wir auf dem Gipfel. Ein grandioses Bergpanorama tut sich auf (unter anderem bis nach Chile, z.B. zum Vulkan Osorno) und wir koennen dies mutterseelen alleine geniessen. Kein anderer Mensch hat sich bis hier nach oben verirrt. Der Rueckweg ist eigentlich schnell gemacht. In der Zwischenzeit ist aber der Schmelzwasserbach etwas angestiegen und so gibt’s dann doch noch einen nassen Fuss ;-) 


Oben: Der Waldspielplatz beim Refugio Hielo Azul
Unten: Der Gletscher Hielo Azul (bedeutet "Blaues Eis") 

Oben + unten: Das super Panorama vom "Barda Negra" - mit Blick bis nach Chile 



Der Rio Azul - unser eiskaltes "Waschbecken"

Keiner zu fein ein Wanderer zu sein - eine Szenenstudie

Einmal mehr haben wir erfahren, dass wir CH-Gringos etwas anders ticken. Und, dass Dinge, die fuer uns selbstverstaendlich sind, eben nicht selbstverstaendlich sind. Heute zum Thema wandern...

Sonntagmorgen. Wir packen unsere grossen Rucksaecke mit dem ganzen Wander- und Campingmaterial. Dazu kommt Essen fuer 4 Tage. Um 9 Uhr kommt der Taxifahrer, der uns zum Anfang des Wanderweges faehrt und meint, es sei halt schon noch frueh...

Wer frueh loslaeuft, kommt in der Regel auch zeitig ans Ziel. Und wenn wir dann jeweils um etwa 15-16 Uhr beim Refugio (Berghuette) ankommen, uns ein hausgebrautes Bier goennen, uns ein bisschen im eiskalten Bach waschen, dann beobachten wir gerne, wie nach und nach die argentinischen Wanderer "eintroepfeln". Wir sehen oft sonderbarste Szenen und Gestalten: Viele, um nicht zu sagen die meisten, tragen gerade mal hippig-farbige Stoff-Converse-Schuhe, einige sogar ein paar Turnschuhe. "Wie machen die das bloss?", fragen wir uns jeweils. Unsereins war froh, wenigsten halbhohe Trekkingschuhe zu tragen, denn die Wege sind oft sandig und nicht unsteil (mehr dazu spaeter).

Unsere grossen Rucksaecke finden grosse Beachtung. Wohl weil grosse Rucksaecke hier eine Seltenheit sind: Es genuegt ja ein kleiner (Schul-)Rucksack. Denn das Schlafmaetteli, das Zelt und die Feldflasche koennen ja easy mit Schnur aussen angehaengt werden. Bambel, bambel. Wer aber das Gebambel nicht mag, nimmt just einen zweiten Rucksack und traegt ihn vorne. 4-6 Stunden lang. Und weil ja nichts ueber einen guten Stil geht, darf's zum Wandern auch hier und dort ein Jeansrock und ein Lederjaeggli sein (ohne Seich imfall!).

Der suedamerikanische Tagesablauf (und vor allem der argentinische) ist verglichen mit dem schweizerischen etwa 3 Stunden nach hinten verschoben. Liegt's an der Zeitverschiebung? Egal. Jedenfalls ist uns das eigentlich ganz recht. Denn so haben wir morgens und abends bei den Campingplaetzen die Tische und die WCs fuer uns alleine. 

Bei den Refugios steht oftmals eine Liste mit den spaetmoeglichsten Ablaufzeiten zu den wichtigsten Zielen in der Umgebung. Wir sind in der Regel dort, wenn man spaetestens loslaufen sollte. Viele starten offenbar erst so um die Mittagszeit oder auch erst um 15 Uhr. Doch puenktlich um 21 Uhr treffen dann alle zum Znacht im Refugio ein.

Eine alte geometrische Regel besagt: Der kuerzeste Weg zwischen zwei Punkten ist eine Gerade. Leider haben die argentinischen Wanderwegbauer diese Regel etwas zu ernst genommen, egal wie steil der Berg ist. So haetten wir Schweizer Bergtouristen gerne ab und zu mal ein Zickzack, um auf dem teils sandig-rutschigen Untergrund nicht nur zu rutschen

Argentinische Jugendliche haben wohl gerne Intervalltraining. So sprinten sie oft in einem Hoellentempo den Berg hoch, um kurze Zeit spaeter ausser Puste uns eimnal mehr vorbeiziehen zu lassen

Ja, und nach all diesen Erfahrungen wundern wir uns auch nicht mehr, wenn der Huettenwart beim Adieu sagen fragt, ob wir Wasser, Pulli und Sonnencreme dabei haben...Selbstverstaendlich, denn schliesslich sind wir ja zwei buenzlige Schweizer Wanderer (aber ohne roten Socken) ;-)

Freitag, 7. Januar 2011

¡Chile adé - bienvenidos en Argentina!

Uff. Wie doch die Zeit laeuft. Bereits schreiben wir 2011. Mit dem Neujahrsrutsch ist auch das letzte Drittel unserer Reise angebrochen und wir sind nach Argentinen rueber getingelt.

In den letzten Tagen sind wir nahe der chilenisch-argentinischen Grenze durch wunderbare Landschaft gewandert. Gute 70 Kilometer haben wir zu Fuss hinter uns gelassen und einige hundert Hoehenmeter. Die letzte Tour in Chile machten wir im Cochamó-Tal. Wieder mal hatten wir uns auf unser Glueck verlassen und uns gesagt: Im letzten Dorf finden wir sicher jemanden, der uns fuer ein paar Pesos an den Anfang des Wanderwegs faehrt. Unser Plan ging aber nur halbwegs auf und so wanderten wir schliesslich halt doch zuerst die paar Kilometer zum eigentlichen Weg. Insgesamt dann gute 20 Kilometer ueber den historischen Handelsweg zwischen Cochamó (Chile) und Argentinien. Jenen Weg, den zahlreiche Gauchos (suedamerikanische Cowboys) und Touristen noch heute hoch zu Pferd bereiten. Und so hatten wir ab und an das Gefuehl, im Zirkus zu sein: Immer wieder stieg uns ein leicht saeuerlicher Geruch, irgendwo zwischen Pferde-Aepfeln und Saegemehl, in die Nase. Und immer wieder sanken unsere Schuhe in Morastloechern ein, wenn die Steine oder Aeste im Schlamm wider Erwarten einsanken... ;-) Im Refugio angekommen, fuehlten wir uns sofort zuhause: Umgeben von massiven, fast majestaetischen Granitwaenden. Zahlreiche Kletterer hatten sich (zum Teil seit Tagen) im Refugio eingenistet. Und oben drauf gab's nach dem anstrengenden Tag eine super Pizza aus dem Holzofen. Wow! Haetten wir Natel-Empfang gehabt, haetten wir prompt nach Puerto Varas telefoniert und gesagt, wir wuerden erst in ein paar Tagen zurueckkehren... Aber dem war nich so. Also gab's am andern Tag gleich nochmals satte 20 Kilometer fuer unsere Schuhsohlen.

An Silvester machten wir einen Ausflug mit dem Chef des Hostals, in dem wir gerade waren. Ziel: Der nahe gelegene Nationalpark (mit dessen Namen wir euch jetzt nicht belaestigen wollen ;-)). Mauricio, der Fuehrer, hat in Deutschland Agronomie studiert. Entsprechend hat er uns richtiggehend ueber die Flora, die Fauna und die Geologie in dem Gebiet zugetextet. Auf Spanisch, Englisch und Deutsch. Eindruecklich! Das Zmittag am "Lago de los Santos" war eine echte Nervenprobe: Zur Zeit sind die "Ross-Braemen" (mindestens zweimal so gross wie die unsrigen) voll im Schuss. Unglaublich aggressiv. Also waren wir dauernd am Abwehren, waehrend wir zwischendurch einen Bissen assen... Zum Abschluss der Tour fuhren wir auf den Vulkan Osorno. Natuerlich nicht bis ganz nach oben... ;-)

Seit Neujahr sind wir nun eben in Bariloche, Argentinien. Bariloche liegt an einem riesigen See, verwinkelter als der Vierwaldstaetter-See... aber aussehen tut's hier etwa gleich. Das Wetterglueck ist auf unserer Seite und so haben wir in den Bergen unweit dieser Touristen-Metropole eine weitere 3-Tageswanderung unternommen. Eigentlich haetten's vier Tage werden sollen. Eigentlich. Doch erstens kommt es eben anders und zweitens als man denkt: Am dritten Tag warteten wir am Ende des Wanderwegs auf einen Bus. Nach 4 Stunden haetten bereits 3 kommen muessen. Haetten kommen muessen... Also "stoeppelten" wir zur naechsten asphaltierten Strasse, in der Hoffnung, dass uns ein Bus nach Bariloche fahren wuerde. Und, dass wir dort dann auf die Schnelle ein Bett finden wuerden. Qué bueno, dass uns auch hier das Glueck lachte. Jetzt machen wir gerade wieder mal einen Ruhe- und Waeschetag. Am Abend gibt's argentinisches Grillfest im Hostal. Ganz nach argentinischer Tradition mit viel (und grossem) Fleiiiiiiiiiiiiiiiiiiiisch! ;-) Und morgen steigen wir in den Bus nach El Bolsón, wo der naechste Nationalpark auf uns wartet.

 Impressionen aus dem Cochamó-Tal bei Puerto Varas, Chile








Bilder von unserer Silvester-Tour im Parque Nacional Vicente Pérez Rosales
 
Sieht nach Reh aus, ist aber ein Pudú - und schwanger dazu. Wow, ein Reim ;-).



Auf dem Volcán Osorno tuckert ein Schweizer Sessellift vor sich hin. Yeah.

Der Nationalpark Nahuel Huapi im Hinterland von Bariloche, Argentinien






...und zum Schweizer Chaletstil in Bariloche gehoert natuerlich auch ein echter Bernhardiner...
Solange der Rubel rollt...